REGIE: Miloš Lolić
Erstaunlich, wie dieses Meisterwerk der Moderne das Prinzip Tinder, Parship und Co. vorwegnimmt – Zentralorgane der Wiederholbarkeit des Unwiederholbaren im 21. Jahrhundert. Geschrieben schon 1896/97, uraufgeführt 1920 in Berlin und danach 60 Jahre gesperrt, überführt Schnitzlers Reigen die große Unordnung zwischen Menschen, das gestörte Gleichgewicht von Liebe und Sex, in ein szenisches Rondo, das nichts von seiner Kühnheit und Schärfe, seinem Witz, seiner exakten Diagnose der Störungen in der zwischenmenschlichen Kommunikation eingebüßt hat. Die »Wahrheit«, die in der einen Szene gesagt wird, entpuppt sich in der nächsten schon als Lüge, das im Dialog, in den Körpern Verheißene gibt es nur als Erwartung, die Gedankenstriche, die Kopulation, in die Sprache jedes mal aufs Neue abstürzt: die große Vergeblichkeit.
Mit Reigen debütiert der mehrfach ausgezeichnete serbische Regisseur Miloš Lolić, der mit aufregenden Deutungen von Stücken von Robert Musil, Peter Handke, Wolfgang Bauer oder Werner Schwab erfolgreich ist und u.a. in Wien, München, Basel und Frankfurt inszeniert, in Klagenfurt.
BESETZUNG
Hanna Binder
Johannes Meier
Petra Morzé
Felix Oitzinger
Nadine Quittner
Tim Grobe
Alina Fritsch
Thomas Frank
Heike Kretschmer
Axel Sichrovsky
REGIE
Miloš Lolić
CHOREOGRAPHIE
Jasmin Avissar
BÜHNE
Diego De Ramón Sánchez
KOSTÜME
Jelena Miletić
MUSIK
Nevena Glusica
DRAMATURGIE
Hans Mrak
BESETZUNG | REGIE | CHOREOGRAPHIE | BÜHNE | KOSTÜME | DRAMATURGIE |
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Hanna Binder | Miloš Lolić | Jasmin Avissar | Diego De Ramón Sánchez | Jelena Miletić | Hans Mrak |
Johannes Meier | |||||
Petra Morzé | |||||
Felix Oitzinger | |||||
Nadine Quittner | |||||
Tim Grobe | |||||
Alina Fritsch | |||||
Thomas Frank | |||||
Heike Kretschmer | |||||
Axel Sichrovsky |
PRESSE
von Tina Perisutti
Die eindringliche Inszenierung von Miloš Lolić lässt (…) zehn Figuren unterschiedlichen Standes erotisierend über die Bühne tanzen. Das Spiel mit dem Höhepunkt beherrscht der mehrfach ausgezeichnete Regisseur ideenreich wie humorvoll, indem er eine wonnehauchende Glückseligkeit über die Bühne hinaus ins Publikum strömen lässt. (…) In meisterhafter Körpersprache entwickelt das brillant spielende Ensemble eine Sogwirkung, die sich im Vor- und Nachspiel mit dem Dialog der nach Liebe Suchenden verschließt. Diese agieren mit sich selbst oder übereinander hinweg in die Zuseher hinein, wodurch diese in den Reigen gezogen werden. Die barocken bis futuristischen Kostüme von Jelena Miletić bekleiden die Suche nach ein klein wenig Liebe in exaltiert-elegantem Ausdruck. Nevena Glusica hebt emotionales Flackern vielschichtig auf musikalische Ebene. Manche im Publikum zeigen sich nach zwei sehenswerten „körperlichen“ Stunden höflich-reserviert, viele gehen lächelnd nach Hause.
von Karin Waldner-Petutschnig
Mit grandiosen Schauspielern zeichnen der serbische Regisseur Miloš Lolić und die israelische Choreografin Jasmin Avissar ein ernüchterndes Bild der Kommunikation zwischen den Geschlechtern. Ohne Blickkontakt und Berührungen gerät der Tanz um den Sex zum Kreisen um sich selbst.
von Michael Cerha
Nicht nur die Haut, der ganze Körper ist Kampfplatz der Neurosen. (…) Der junge Herr (Felix Oitzinger) leckt die eigene Hand anstelle jener des Stubenmädchens (Petra Morzé). Der Schriftsteller (Thomas Frank) reibt sich das Geschlecht, wenn die Schauspielerin (Heike Kretschmer) sich in Erregung redet. Der Graf (Axel Sichrovsky) kommt von vornherein so krumm daher, dass, den Kopf weit voraus, sein Unterleib vorneweg in die Gegend ragt. So zelebriert es das ganze, vortrefflich organisierte Ensemble. (…) Lolić hat einige seiner bewährtesten Kräfte mitgebracht, die sich wunderbar frei austoben. Diego De Ramon Sánchez gestaltet den Einheitsschauplatz als Labyrinth aus Taxushecken, zwischen denen steinerne Zeugen sinnlicherer Zeiten im Mondlicht baden. Nicht nur das Dunkel hilft, einander nicht sehen zu müssen – auch die skurrile Drapierung der Körper, die durch Schminke und Fantasiefrisuren verfremdet ist (Kostüme Jelena Miletić). Jasmin Avissars Choreografie führt jede Figur schließlich durch ihre eigene Einsamkeit. Gemäß dem Titel Reigen erscheint die Szenenfolge als Rundtanz, zu dem alle die Quintessenz ihrer Texte am Schluss auch noch singen (Musik Nevena Glusica).
von Marianne Fischer
Das Ensemble, von Jelena Miletić in punkig bis futuristisch anmutende Kostüme gesteckt, spielt hervorragend (…) Dass die knapp zwei Stunden recht kurzweilig bleiben, liegt aber auch an der Verrätselung der Inszenierung, die ständig dazu auffordert, die diversen Ebenen zu entschlüsseln – die herabschwebenden Leuchtsymbole, die künstlich-stilisierten Bewegungen (…), die ungewöhnlichen musikalischen Einlagen. Aber schließlich macht auch das einen herausfordernden Theaterabend aus: Wenn man über das, was man gesehen hat, noch länger nachdenken wird.
Selected Works
YERMA 2022Schauspiel
NICHT SEHEN 2022Schauspiel
DER WIDERSPRÜCHLICHE 2021Schauspiel Tanz Performance
OLEANNA VR-360° 2020Regie
OLEANNA 2019Regie
VOR SONNENAUFGANG 2019Schauspiel
IWANOW 2018Schauspiel
4.48 PSYCHOSE 2018Regie
INTERVIEW 2016Regie
WUT 2016Regie
DER KICK 2014Regie
QUARTETT 2013Regie
HELDEN WIE WIR 2013Regie
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